Unter dem Titel „Testing Relay“ fand im Rahmen des 6. Urbanize Festivals in Wien ein Workshop zu unserem Themenfeld „Relay – Alltägliche Ressourcen praktisch umverteilen“ statt. Dabei wurden verschiedene „Relays“ in der Festivalzentrale und im öffentlichen Raum getestet. Rund fünfundzwanzig Teilnehmer:innen waren gekommen, um Konzepte und Ideen des nicht-kommerziellen Teilens und Weitergebens von alltäglichen Ressourcen praktisch und in gemeinsamer Diskussion zu erforschen. Vier verschiedene Arten von „Relays“ wurden gebaut und durch den Workshop getestet.
1: Der „Ticket-Fair-Teiler“ kann aus einer umfunktionierten Zigarettenschachtel oder ähnlichen kleinen, leichten und im Alltag vorhandenen Verpackungen bestehen. Gut platziert, können sie als ein Behältnis zur Weitergabe von Fahrscheinen für den öffentlichen Nahverkehr dienen. 2: Der „Stadt-Fair-Teiler“ nimmt das Prinzip von Aushängen mit Abreißtelefonnummern auf und bezieht sich jeweils auf das Verteilen von einer Ressource, wie beispielsweise das Angebot einer Dusche, einer Mahlzeit oder Zeit für ein gemeinsames Kaffeetrinken. 3: Mit dem „Makro-Relay“ wurde aus zwei großen Tafeln auf einem Gestell ein Objekt entwickelt, das den Tausch unterschiedlichster Gegenstände von Süßigkeiten über Stadtpläne bis hin zu Geld ermöglicht. Diese drei „Relays“ wurden während des Workshops im öffentlichen Raum installiert um deren Nutzung beobachten und anschließend zu analysieren zu können. 4: Ein gedankliches Experiment war das „iRelay“ welches die Beziehungen untersuchte, die durch Tauschen, Teilen, Weitergeben zwischen Menschen und anderen Menschen wie Dingen aufgebaut werden. Ein farbiges Ribbon als Zeichen für Solidarität soll eine Bereitschaft für Interaktion aufzeigen und so die Schwelle beim Ansprechen von Fremden nivellieren sowie damit das Verhältnis der Gebenden und Nehmenden bewusst zu einer Begegnung auf Augenhöhe relativieren.
Die „Relays“ wurden aus dem Nachdenken über Praktiken des Teilen, Tauschens und Schenkens in der Stadt entwickelt und fragen nach deren Grundlagen: Welche Gegenstände und Handlungsformen eignen sich dafür? Beispielsweise wird das Aufstellen von Give-away-Boxes, Foodsharing, der Austausch von Büchern in Bussen oder Boxen im öffentlichen Raum, von Werkzeugen oder das Weggeben von Dingen durch das Kennzeichen „zu Verschenken“ in Groß- und Kleinstädten seit vielen Jahren oft wie selbstverständlich realisiert. Im Design- und Entwicklungsprozess der „Relays“ wurden aus diesen Beispielen Fragen der Offenheit und Erkennbarkeit, von Zugangsschranken und Sichtbarkeiten, sowie die der Gefahr einer Zerstörung, abgeleitet. Die Platzierung im öffentlichen Raum, welche das „Relay“ durch eine kritische Masse erreichbar macht, ist ein weiterer grundlegender Faktor einer erfolgreichen Nutzung. Es wurde ebenfalls kritisch diskutiert, wessen „Gewinn“ gegebenenfalls durch das Umverteilen gemindert werden könnte und ob dies den solidarischen Grundgedanken unterstützt oder auch nicht.
Fazit
Teilen, Tauschen, Schenken, Stiften und Leihen sind durch „Relays“ möglich und können anonym oder sichtbar durchgeführt werden oder der persönliche Kontakt auf Augenhöhe bewusst gemacht werden. Sie zeichnen sich materiell dadurch aus, dass sie sich leicht anwenden, kopieren und verbreiten lassen, um in der Stadt sukzessiv, spontan und alltäglich zu wirken. Eine weitere Beobachtung des Workshops ist, dass sich durch diese Praktiken auch die Werte der getauschten Güter verändern, die einen vom Kontext abhängigen Wert, einen unabhängigen Wert oder einen symbolischen Wert besitzen. Sie reproduzieren nicht die Logik des „honorigen Spendens“ und Bedürftig-Seins einzelner, sondern entwerfen eine Alltagslogik, die quer zum rein Ich-bezogenen Konsum funktioniert.